Vorschaden

Haben Sie an Ihrem Fahrzeug einen Vorschaden?

Beweislast

Seien sie vorsichtig. Sie sind nämlich der Geschädigte und müssen darlegen und beweisen, welche unfallbedingten Schäden Ihnen durch den Unfall entstanden sind.

HIS-Dateisystem

Wenn im Schadengutachten ein Vorschaden angegeben wurde oder die gegnerische Haftpflichtversicherung durch das HIS-Dateisystem Kenntnis von einem Vorschaden erlangt hat, dann verlangt der Versicherer regelmäßig Nachweise einer fachgerechten Reparatur über den Vorschaden. Dies ist vor allem dann problematisch, wenn Sie die Reparaturnachweise nicht aufgehoben haben, es möglicherweise keine Reparaturnachweise zum Vorschaden gibt oder wenn sie etwa als Dritt- oder Viertbesitzer gar keine Kenntnis von dem Vorschaden hatten. In solchen Fällen lehnen die Versicherer die Schadenersatzansprüche mit der Begründung ab, dass Sie die fachgerechte Reparatur des Vorschadens nicht nachweisen können und daher eine Abgrenzung des Vor- und Neuschadens nicht möglich ist. Sie können den kausalen Schaden nicht beweisen.

Lassen Sie sich nicht so einfach abspeisen, denn nicht alles, was der Versicherer behauptet, entspricht der Wahrheit!

Vorschaden nicht verheimlichen

Wichtig ist zunächst, dass Sie gegenüber dem Sachverständigen eventuelle Vorschäden am Fahrzeug konkret benennen, damit er solche in seinem Gutachten berücksichtigen kann. Sie können nicht darauf vertrauen, dass der Sachverständige Vorschäden alleine erkennt und in seinem Gutachten berücksichtigt.

Vorschaden abgrenzbar

Wenn ein Vorschaden vorliegt und dieser abgrenzbar zum Unfallschaden ist, dann ist der Vorschaden belanglos.

Vorschaden nicht abgrenzbar

Wenn aber ein Vorschaden vorliegt, der durch den Unfallschaden „überlagert“ wird, werden die Ansprüche vom Versicherer zurückgewiesen, wenn Sie nicht beweisen können, welche Art und von welchem Umfang die Vorschäden waren und inwieweit diese ordnungsgemäß repariert wurden.

Unfallbedingter Schaden

Im Ergebnis geht es nur darum, ob Sie beweisen können, dass Sie einen „unfallbedingten Schaden“ (kausalen Schaden) haben.

Kein Schadensersatz bei massivem Vorschaden des Unfallfahrzeugs – OLG Hamm vom 08.04.2016 – Az. I-9 U 79/15

Macht ein bei einem Verkehrsunfall geschädigter Fahrzeughalter den Ersatz des Reparaturschadens geltend und stellt sich heraus, dass der Unfallwagen einen massiven Vorschaden erlitten hat, muss er der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers nachvollziehbar darlegen, dass der Vorschaden fachmännisch beseitigt wurde.
Das Oberlandesgericht Hamm fordert hierfür die konkrete Darlegung der Art und Weise sowie der Qualität der Reparatur, einen konkreten Vortrag zum Reparaturweg, zu den dabei verwendeten Teilen sowie auch zur Qualifikation des Reparateurs. Wird dieser Nachweis nicht hinreichend geführt, stehen dem Geschädigten keine Ersatzansprüche zu.

Beweislast bei mehrmals vorbeschädigtem Unfallfahrzeug KG Berlin vom 11.10.2007 – Az. 12 U 46/07

Hat ein Pkw, für dessen unfallbedingte Beschädigung der Halter Ansprüche geltend macht, vor dem Unfall bereits mehrere Unfälle erlitten, muss nicht der Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung beweisen, dass der geltend gemachte Schaden nicht von dem Unfallereignis herrührt. Vielmehr obliegt es dem Anspruchsteller, die Ursächlichkeit zwischen dem neuen Unfall und dem danach vorliegenden Schaden zu beweisen, wobei er ausschließen muss, dass Schäden gleicher Art schon früher vorhanden waren, NJW 2008, 1006.

Kein doppelter Ersatz für Hagelschaden – AG München vom 14.04.2011 – Az. 271 C 10327/10

Im Jahr 2008 erstattete die Teilkaskoversicherung einem Autofahrer den von einem Gutachter festgestellten Hagelschaden in Höhe von 2.409 Euro. Den Schaden ließ er nicht reparieren. Ein Jahr später schlug der Hagel erneut zu. Ohne die Vorschäden zu erwähnen, ließ der Fahrzeughalter den Wagen erneut begutachten. Der Sachverständige stellte nun einen Reparaturaufwand von 2.625 Euro fest. Den Betrag machte er bei seiner Versicherung geltend. Diese wollte unter Berücksichtigung der vereinbarten Selbstbeteiligung von 150 Euro jedoch nur den Differenzbetrag von 66 Euro ersetzen. Der Geschädigte ging vor Gericht. Das mit der Sache befasste Amtsgericht München wies die Klage mit der Begründung ab, dass ein Ersatzanspruch nur insoweit besteht, als der zweite geltend gemachte Hagelschaden technisch und rechnerisch eindeutig von dem ersten abgrenzbar ist. Soweit eine Abgrenzung nicht möglich ist, geht dies zulasten des Geschädigten, der den Vorschaden nicht hat reparieren lassen. Da der Geschädigte im vorliegenden Fall nicht eindeutig nachweisen konnte, welche Fahrzeugdellen vom zweiten Hagelsturm herrührten, konnte er keinen weiteren Ersatz verlangen.

Zwei Schäden am selben Karosserieteil – BGH vom 12.03.2009 – Az. VII ZR 88/08

Ein Autofahrer verlangte vom Betreiber einer Waschanlage den Ersatz des beim Waschvorgang am Kotflügel seines Wagens verursachten Schadens. Kurz darauf beschädigte seine Frau denselben Kotflügel bei einem selbst verschuldeten Unfall. Der Kotflügel wurde vollständig repariert. Die Kosten hierfür übernahm die Vollkaskoversicherung des Halters. Daraufhin verweigerte die Versicherung des Waschanlagenbetreibers jegliche Zahlung mit der Begründung, der Schaden sei ja anderweitig beseitigt worden.
Dem widersprach der Bundesgerichtshof. Der Geschädigte kann vom Schädiger die fiktiven Kosten der Reparatur seines Pkws auch dann verlangen, wenn das Fahrzeug bei einem späteren Unfall am gleichen Karosserieteil zusätzlich beschädigt worden ist und die Reparatur des Zweitschadens zwangsläufig zur Beseitigung des Erstschadens geführt hat. Soweit der ursprüngliche Schaden noch durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens oder eines Kostenvoranschlags nachgewiesen werden kann, bleibt der Anspruch gegenüber dem Erstschädiger bestehen, DAR 2009, 392.

Es kann gut möglich sein, dass jemand mit erheblicher Geschwindigkeit Ihnen hinten auffährt, sie aber keinen Schaden haben, weil sie im Heckbereich einen Vorschaden hatten und nicht beweisen können, dass der Vorschaden ordnungsgemäß repariert worden ist. Sie können den Vorschaden vom aktuellen Schaden nicht abgrenzen. Hierbei spielt es dann keine Rolle, ob der Unfall alleine durch den anderen verursacht und verschuldet wurde. Hier geht es um die Frage, ob Sie durch den „unverschuldeten“ Unfall einen Schaden haben.

Wenn Sie einen Vorschaden hatten, rufen Sie mich an. Ich kann Ihnen erklären, ob Sie Ihren Vorschaden von den unfallbedingten Schäden abgrenzen können. Hierbei ist von entscheidender Bedeutung, dass bei der Beauftragung des Gutachtens alle Vorschäden offengelegt werden, damit ein abgrenzbarer Schaden ermittelt werden kann.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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