Mietwagen
Brauchen Sie nach einem Unfall einen Mietwagen?
Unfallersatztarif
Sie können nach einem Unfall nicht „blind“ einen Mietwagen anmieten und darauf vertrauen, dass der Versicherer die Kosten für das Mietfahrzeug übernimmt, wenn für Sie ohne weiteres erkennbar ist, dass der Mietpreis deutlich über dem üblichen Marktpreis liegt. Ein Mietfahrzeug wird nämlich teilweise bis zu 300% über den regulären Mietpreisen vermietet, wenn die Mietwagengesellschaft erfährt, dass sie einen unverschuldeten Unfall hatten und die Kosten von der Versicherung übernommen werden, der sog. Unfallersatztarif.
Schadensminderungspflicht
Bei der Anmietung eines Mietwagens müssen Sie in besonderem Maße darauf achten, dass Sie nicht gegen Ihr Schadensminderungspflicht verstoßen. Sie haben nämlich als Geschädigter Pflichten bei der Schadensabwicklung und müssen den Schaden so gering wie möglich halten.
Erforderlichkeit eines Mietwagens
Sie können sich folgendes merken:
Ein Mietfahrzeug kann angemietet werden, wenn die Mietwagenkosten von einem verständigen, wirtschaftlich vernünftig denkenden Dritten in der Lage des Geschädigten verursacht worden wären.
Dies bedeutet beispielsweise folgendes:
- Steht ein Zweitfahrzeug zur Verfügung, dann besteht kein Anspruch auf einen Mietwagen.
- Wer eine sehr geringe Fahrleistung absolviert, hat keinen Anspruch auf einen Mietwagen. Die sog. Missbrauchsgrenze liegt nach der Rechtsprechung bei ca. 15-20 km (OLG Hamm 2001, 1590). Eine Ausnahme besteht dann, wenn Sie trotz geringer Fahrleistung aus beruflichen Gründen (Arzt) oder privaten Gründen (Kleinkinder krank, etc.) ständig mobil sein müssen.
- Wurde der Geschädigte erheblich verletzt, so dass er kein Fahrzeug führen kann, besteht kein Anspruch auf Mietwagen. Wer kein Auto fahren kann, braucht auch kein Mietfahrzeug. Ausnahme besteht dann, wenn Sie einen Dritten zum Arzt oder zu Einkäufen fahren lassen.
Die Rechtsprechung zur „Erforderlichkeit eines Mietwagens“ ist unüberschaubar geworden.
Keine Nutzungsausfallentschädigung
Denken Sie daran, dass die Anmietung eines Mietwagens die Nutzungsausfallentschädigung ausschließt.
Entweder Mietwagen oder Nutzungsausfall.
Preisvergleich vor Anmietung eines Ersatzfahrzeugs – OLG Koblenz vom 26.01.2011 – Az. 12 U 221/10
Ein Autofahrer, dessen Wagen nach einem unverschuldeten Unfall instandgesetzt werden muss, kann während der Reparaturzeit einen Mietwagen in Anspruch nehmen oder Nutzungsausfall fordern. Ist die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs erst drei Tage nach dem Unfall erfolgt, sodass offenbar keine Eil- oder Notsituation vorlag, ist es einem Unfallgeschädigten zumutbar, vor der Anmietung Vergleichsangebote auf dem örtlichen Markt einzuholen. Unterlässt er dies, muss die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers nur den günstigeren Tarif erstatten.
Ersatz von Mietwagenkosten trotz geringen Fahrbedarfs – AG Bremen vom 13.12.2012 – Az. 9 C 330/11
Wer infolge eines Verkehrsunfalls auf sein Fahrzeug während der Reparatur verzichten muss, kann entweder die Kosten für einen Mietwagen oder sogenannten Nutzungsausfall beanspruchen. Nach überwiegender Meinung der Gerichte verstößt ein Unfallgeschädigter mit nur geringem Fahrbedarf von weniger als 20 km/Tag mit der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs gegen die ihm obliegende Schadensminderungspflicht. Er kann dann nur die erforderlichen Kosten für entsprechende Fahrten mit einem Taxi ersetzt verlangen.
Das Amtsgericht Bremen weicht ausnahmsweise von diesem Grundsatz ab, wenn der Geschädigte nachvollziehbar davon ausgegangen ist, dass sein Fahrbedarf erheblich höher liegt, sich aber im Nachhinein doch als deutlich geringer herausgestellt hat. So sprach das Gericht einem 70-Jährigen den Ersatz der Mietwagenkosten zu, da er davon ausgegangen war, das Fahrzeug regelmäßig für Arztbesuche und Einkäufe zu benötigen. Letztlich fuhr er mit dem Mietwagen jedoch nur 44 km in fünf Tagen. Wegen der ersparten Abnutzung des eigenen Fahrzeugs muss sich der Geschädigte lediglich einen Abzug von 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.
Hinweis: Die Entscheidung kann nicht ohne Weiteres auf andere Fälle übertragen werden. Daher ist stets eingehend zu prüfen, ob die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs tatsächlich notwendig ist. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Geschädigte auf einem erheblichen Teil der Mietwagenkosten sitzen bleibt.
Inanspruchnahme eines Mietwagens trotz möglicher Notreparatur – OLG Karlsruhe vom 10.02.2014 – Az. 13 U 213/11
Wer unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, hat Anspruch auf Ersatz der Kosten für einen Mietwagen während der Reparaturdauer. Im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht hat der Geschädigte die Kosten allerdings möglichst gering zu halten. Kann der Unfallwagen durch eine Notreparatur fahrbereit gemacht werden, ohne dass dadurch die Schadensbegutachtung beeinträchtigt wird, muss die Reparatur zur Schadensminderung ausgeführt werden. Geschieht dies nicht, kann kein oder nur ein geringerer Ersatz der Mietwagenkosten verlangt werden.
So kürzte das Oberlandesgericht Karlsruhe dem Halter eines bei einem Unfall erheblich beschädigten Rettungswagens, der während der wegen des wirtschaftlichen Totalschadens erforderlichen Wiederbeschaffungszeit von annähernd vier Monaten bei täglichen Mietwagenkosten von 890 Euro die insgesamt geltend gemachten 103.950 Euro Mietwagenkosten um ca. 69.000 Euro als nicht notwendige Kosten. Die Mietdauer hätte durch eine technisch mögliche Notreparatur erheblich verkürzt werden können.
Längere Mietwageninanspruchnahme bei unmöglicher Vorfinanzierung des Unfallschadens – OLG Köln vom 20.03.2012 – Az. I-15 U 170/11
Wer unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, hat Anspruch auf Ersatz der Kosten für einen Mietwagen während der Reparaturdauer. Im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht hat der Geschädigte die Kosten allerdings möglichst gering zu halten. Insbesondere ist er gehalten, das Unfallfahrzeug alsbald reparieren zu lassen oder – im Fall eines Totalschadens – ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen. Diese Verpflichtungen können jedoch nur dann bestehen, wenn der Geschädigte über die hierzu notwenigen Barmittel oder Möglichkeiten zur Kreditaufnahme verfügt. Ist dies nicht der Fall, ist ihm kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht anzulasten, wenn er die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers rechtzeitig darüber informiert hat, dass er finanziell nicht zur Vorfinanzierung der Reparatur in der Lage ist. Er kann den Mietwagen dann bis zur Regulierung des Unfallschadens weiternutzen, DAR 2012, 333.
Rufen Sie mich an. Ich kann Ihnen sagen, ob und unter welchen Voraussetzungen Sie bei der Anmietung eines Mietwagens nicht gegen Ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.
Schadensminderungspflicht bei Auswahl eines Mietwagens BGH vom 14.10.2008 – Az. VI ZR 210/07
Mietet ein Unfallgeschädigter während der Reparaturdauer einen Ersatzwagen an, darf er sich bei seinen Erkundigungen nach dem günstigsten Miettarif nicht auf eine Auskunft des Mietwagenunternehmens verlassen. Legt dieser dem Kunden die „Schwackeliste“ vor, wonach für den Mietwagen eine erhebliche Preisspanne zwischen 345 und 1.196 Euro besteht, muss dies der Geschädigte erst recht zum Anlass nehmen, sich um den günstigsten Miettarif zu bemühen.
Er kann sich nicht darauf berufen, dass das in Anspruch genommene Angebot im Rahmen der Preisspanne der „Schwackeliste“ lag. Hätte der Geschädigte mit zumutbaren Anstrengungen einen erheblich niedrigeren Tarif verlangen oder einen anderen, günstigeren Autovermieter finden können, ist die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers nur verpflichtet, diesen günstigeren Tarif zu ersetzen, VersR 2009, 83.