Unterlassen
Was bedeutet Unterlassen?
Echte Unterlassungsdelikte
Straftatbestände werden in erster Linie durch menschliches Handeln verwirklicht. Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedoch auch ein Unterlassen strafbar sein.
Dies ist zum einen dann der Fall, wenn das Gesetz selbst einen Unterlassungstatbestand vorsieht (sog. echte Unterlassungsdelikte), wie z.B. die unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) oder die Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 StGB). Diese Delikte werden durch die Nichtvornahme der gesetzlich geforderten Handlung verwirklicht.
Unechte Unterlassungsdelikte
Zum anderen ist ein Unterlassen nach § 13 StGB dann strafbar, wenn den Unterlassenden eine Pflicht trifft, den Eintritt des Taterfolges abzuwenden, d.h. eine Handlungspflicht besteht (sog. Garantenstellung) und das Unterlassen einer Deliktsverwirklichung durch ein Tun gleichwertig ist. Die von § 13 StGB erfassten Delikte werden unechte Unterlassungsdelikte genannt.
Beschützergarant
Eine Handlungspflicht besteht sowohl dann, wenn dem Betreffenden eine Obhutspflicht für ein bestimmtes Rechtsgut zukommt, das er gegen Angriffe aus allen Richtungen und vor Selbstgefährdungen zu schützen hat (sog. Beschützergarant) als auch bei Sicherungspflichten zur Überwachung einer Gefahrenquelle zugunsten der möglichen Betroffenen (sog. Überwachergarant). Obhutspflichten können sich aus familiärer Verbundenheit (z.B. Eltern gegenüber ihren Kindern oder unter Ehegatten), aus Lebens- oder Gefahrengemeinschaften (z.B. unter Bergsteigern oder Seglern), aus tatsächlicher Übernahme (z.B. als Babysitter) oder aus einer besonderen Tätereigenschaft (z.B. als Amtsträger, Geschäftsführer oder als Betriebsinhaber bzw. Vorgesetzter) ergeben.
Ingerenz
Sicherungspflichten können durch die Verantwortung für ein bestimmtes Vorverhalten (sog. Ingerenz), durch Beaufsichtigung Dritter oder auch durch Verkehrssicherungspflichten entstehen. Manchmal kann es Schwierigkeiten bereiten ein Unterlassen von einem Tun abzugrenzen. Als Abgrenzungskriterium kann der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit herangezogen werden, d.h. ob es als verwerflicher anzusehen ist, dass der Betreffende gehandelt hat oder dass er etwas zu tun unterlassen hat.