Körperverletzung

Wer wird wegen Körperverletzung bestraft?

Tatbestand

Wegen Körperverletzung wird bestraft, wer eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Die Körperverletzung ist eine Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit.

Strafmaß

Der Gesetzgeber sieht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Der Versuch ist strafbar.

Körperliche Misshandlung

Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden und die körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt.

Beispiel: Herr Miro spuckt dem Herrn Gero ins Gesicht, so dass der Speichel von Brille und Wange auf die Oberbekleidung tropft (OLG Zweibrücken NJW 1991, 240)

Gesundheitsschädigung

Eine Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustands.

Beispiel: das Zufügen einer Wunde oder Hämatom

Ärztliche Behandlungen

Auch ärztliche Behandlungen erfüllen nach dem Tatbestand der Körperverletzung, selbst dann, wenn der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wurde. In der Regel wird der Eingriff in die körperliche Integrität jedoch von der Einwilligung des Patienten gedeckt sein, sodass eine Strafbarkeit des Arztes aufgrund einer Rechtfertigung ausscheidet. In Fällen, in denen die Einwilligung des Patienten nicht eingeholt werden kann, so z.B. bei Notoperationen an bewusstlosen Unfallopfern, wird in der Regel von einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen.

Gefährliche Körperverletzung

Wer die Körperverletzung

  1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
  2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
  3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,
  4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
  5. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung

begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Gift (Nr. 1)

Gift im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind alle organischen oder anorganischen Stoffe, die chemisch oder chemisch-physikalisch wirken, beispielsweise Arsen, Zyankali und Rauschgifte, ebenso wie Alkohol und Substanzen in Medikamenten. Somit sind vom Begriff des Gifts alle diejenigen Stoffe umfasst, die im konkreten Fall die Eigenschaft eines Giftes haben. Damit können auch Stoffe des täglichen Bedarfs miteinbezogen werden, wie z.B. Kochsalz. Ein Gift ist beigebracht, wenn der Stoff derart mit dem Körper in Verbindung gebracht wird, dass er seine gesundheitsschädliche Wirkung entfalten kann.

Gefährliches Werkzeug (Nr. 2)

Ein gefährliches Werkzeug ist ein Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung konkret geeignet ist, erhebliche körperliche Verletzungen hervorzurufen.

Beispiel: Stock, Steine, Fahrradkette, Bierglas, Kleiderbügel, brennende Zigarette, der gehetzte Hund

Körperteile des Täters scheiden als Werkzeuge aus. Dies gilt selbst dann, wenn mit einer Handkante ein lebensgefährlicher Schlag ausgeführt wird. Die Verwendung von Kleidungsstücken kann hingegen zum Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs führen.

Beispiel: Tritt mit dem beschuhten Fuß. Dabei muss die Steigerung der Gefährlichkeit aus dem Schuh, nicht aus dem Tritt ergeben.

Überfall (Nr. 3)

Überfall ist ein unvorhergesehener Angriff, auf den sich das Opfer nicht vorbereiten kann. Ein Überfall ist ein überraschender oder unerwarteter Angriff. Da das Opfer nicht mit einem Angriff rechnet, kann es sich nicht auf diesen vorbereiten. Hinterlistig ist ein Überfall, wenn der Täter planmäßig in einer seiner wahren Absicht verdeckenden Weise handelt, um dadurch dem Opfer die Abwehr des unerwarteten Angriffs zu erschweren. So beispielsweise bei einem Entgegentreten mit vorgetäuschter Friedfertigkeit. Für einen hinterlistigen Angriff ist jedoch das bloße Ausnutzen eines Überraschungsmoments nicht ausreichend; das gilt auch bei einem plötzlichen Angriff von hinten, vielmehr ist ein listiges Vorgehen des Täters notwendig.

Gemeinschaftlich (Nr.4)

Es wird weder Eigenhändigkeit noch Mittäterschaft vorausgesetzt. Ausreichend ist das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei der Begehung einer Körperverletzung. Es ist ausreichend, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken. Dafür ist eigenhändige Ausführung von Verletzungshandlungen durch jeden der Anwesenden nicht erforderlich (BGH 5, 344f.). Ausreichend ist, wenn eine am Tatort anwesende Person den unmittelbar Tatausführenden aktiv physisch unterstützt, z.B. durch Fluchtverhinderung. Ebenso eine psychische Unterstützung, die sich als Demonstration von Eingriffsbereitschaft und daher als Erhöhung der Gefahr darstellt.

Beispiel: Herr Miro schlägt auf Opfer ein. Herr Gero steht daneben und gibt technische Anweisungen.

Das Leben gefährdende Behandlung (Nr. 5)

Die Rechtsprechung behandelt Nr. 5 als Eignungsdelikt. Danach braucht die Behandlung das Leben nicht konkret zu gefährden. Es genügt, dass die Art der Behandlung nach den Umständen des Einzelfalles dazu generell geeignet ist. Es kommt auf die Gefährlichkeit der Behandlung an, nicht auf die eingetretene Verletzung.

Beispiel: Werfen in eiskaltes Wasser, Drosseln mit Sicherheitsgurt, Wuchtig geführter Kopfstoß gegen den Kopf; ungeschützter Geschlechtsverkehr einer HIV-infizierten Person mit einem unwissenden Partner.

Schwere Körperverletzung

Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person

  1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
  2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
  3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,

so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Sehvermögen

Sehvermögen ist die Fähigkeit, Gegenstände als Solche visuell zu erkennen. Das Sehvermögen ist verloren, wenn diese Fähigkeit zumindest nahezu aufgehoben ist, als o ein Restsehvermögen von etwa 5 bis 10 Prozent verbleibt. Der Verlust des Sehvermögens auf einem Auge reicht aus.

Gehör

Gehör ist die Fähigkeit, artikulierte Laute akustisch zu verstehen. Anders als beim Sehvermögen genügt es nicht, wenn die Hörfähigkeit auf einem Ohr verloren wird.

Sprechvermögen

Sprechvermögen ist die Fähigkeit, artikuliert zu reden. Der Verlust setzt keine völlige Stimmlosigkeit voraus, andererseits genügt bloßes Stottern nicht.

Wichtiges Glied

Unter dem Begriff sind äußerliche Körperteile erfasst, die eine in sich abgeschlossene Existenz mit besonderer Funktion im Gesamtorganismus haben und mit dem Körper durch Gelenk verbunden sind.

Beispiel: Bein, Arm, Fuß, Finger

Wichtig ist ein Glied, wenn es für das Leben jedes Menschen eine allgemeine Bedeutung für den Gesamtorganismus und das menschliche Leben hat.

Erhebliche dauerhafte Entstellung

In erheblicher Weise dauernd entstellt ist eine Person, wenn ihre äußere Gesamterscheinung in ihrer ästhetischen Wirkung derart verändert ist, dass auf Dauer starke psychische Nachteile im Verkehr mit der Umwelt zu erwarten ist, dass auf Dauer starke psychische Nachteile im Verkehr mit der Umwelt zu erwarten sind.

Dauernd ist eine Entstellung, die das Aussehen endgültig oder für einen unbestimmt langen Zeitraum (Chronisch) beeinträchtigt.

Erheblich ist die Verunstaltung dann, wenn sie gravierend ist. Schon aus dem Vergleich zu den anderen Alternativen des § 226 Abs. 1 ergibt sich, dass geringfügige Beeinträchtigungen nicht genügen.

Beispiel: Eine 5cm lange Narbe im Gesicht ist anders zu behandeln als eine vergleichbare Narbe am Gesäß

Körperverletzung mit Todesfolge

Verursacht der Täter durch die Körperverletzung (§§ 223 bis 226a) den Tod der verletzten Person, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

Vortat

Die Strafbarkeit setzt zunächst eine vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhafte Körperverletzung voraus.

Zusammenhang

Es muss auch ein „spezifischer Zusammenhang“ zwischen dem Grunddelikt und der schweren Folge bestehen. Es ist ausreichend, dass sich der Todeserfolg gerade aus der vorsätzlichen „Körperverletzungshandlung“ ergibt, als wenn die Handlung den Todeserfolg herbeigeführt hat (BGHSt 14, 110).

Beispiel: Bei einem an sich ungefährlichen Schlag mit einer Schussaffe löst sich ein Schuss und tötet das Opfer. Der BGH verurteilte hier wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Fahrlässige Körperverletzung

Nach § 229 StGB ist auch die fahrlässige Körperverletzung strafbar. Hier ist das Strafmaß im Vergleich zur vorsätzlichen Körperverletzung geringer, nämlich Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Rechtfertigungsgründe

Die Körperverletzung kann durch die üblichen Rechtfertigungsgründe wie z.B. Notwehr oder Notstand gerechtfertigt sein. Darüber hinaus ist § 228 StGB zu beachten. Hiernach ist eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzen Person nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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