Gerichtsverhandlung
Eine Entscheidung erfolgt aufgrund des persönlichen Eindrucks in der Hauptverhandlung
Ermittlungsgrundsatz – Aufklärung von Amts wegen
Der Ermittlungsgrundsatz (auch Untersuchungsgrundsatz oder Prinzip der materiellen Wahrheit genannt) verpflichtet das Gericht zur Aufklärung des wahren Sachverhaltes von Amts wegen. Dies bedeutet, dass das Gericht auch ohne Antrag des Verteidigers oder Staatsanwaltes Beweise erheben muss, um den Sachverhalt zu erforschen.
Unmittelbarkeitsgrundsatz
Der Grundsatz der Unmittelbarkeit bedeutet, dass das Gericht sich nur auf Grund des unmittelbaren persönlichen Eindrucks, den es vom Angeklagten und den Beweismitteln „in der Hauptverhandlung“ gewinnt, sein Urteil über Schuld und Strafe bilden darf. Vor diesem Hintergrund genügt es beispielsweise nicht, dass ein Zeuge allein vor der Polizei sein Wissen bekundet. Vielmehr muss der Zeuge gegebenenfalls nochmals vor Gericht erscheinen und dort erneut seine Aussage wiederholen. Auch ist das Gericht verpflichtet, während der Hauptverhandlung ständig anwesend zu sein. Nur so kann es sich von allen Vorgängen in der Hauptverhandlung ein unmittelbares Bild machen.
Mündlichkeitsgrundsatz
Der Grundsatz der Mündlichkeit besagt, dass nur der mündlich vorgetragene Prozessstoff in der Hauptverhandlung dem Urteil zugrunde gelegt werden darf. Alles, was im Verfahren geschieht, etwa die Vernehmung des Angeklagten, die Beweisaufnahme, die Plädoyers, muss danach mündlich erfolgen. Durch die Mündlichkeit wird sichergestellt, dass alle Verfahrensbeteiligten aus der Hauptverhandlung entnehmen können, was Gegenstand des Urteils sein wird.
Grundsatz der freien Beweiswürdigung
Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist der Richter bei Klärung des Sachverhalts nicht an feste Beweisregeln gebunden. Vielmehr hat er die Beweise nach seiner eigenen freien Überzeugung zu bewerten, dabei wissenschaftliche Erkenntnisse, die Gesetze der Logik sowie Erfahrungssätze des täglichen Lebens zu beachten.
Grundsatz des rechtlichen Gehörs
Der das gesamte Strafverfahren durchdringende Grundsatz des rechtlichen Gehörs besagt, dass einer gerichtlichen Entscheidung nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden dürfen, zu denen der von der Entscheidung Betroffene zuvor hat Stellung nehmen können. Der Beschuldigte darf also durch eine ihn belastende Entscheidung der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts nicht überrascht werden, sondern muss vorab Gelegenheit erhalten, sich zu äußern oder zu verteidigen. Diesem Äußerungsrecht entspricht die Pflicht des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft, die Äußerungen auch zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen.
Ladungsfrist – Mindestens eine Woche
Zwischen der Zustellung der Ladung (§ 216) und dem Tag der Hauptverhandlung muss eine Frist von mindestens einer Woche liegen. Ist die Frist nicht eingehalten worden, so kann der Angeklagte bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache die Aussetzung der Verhandlung verlangen. Der Angeklagte kann auf die Einhaltung der Frist verzichten.
Höchstdauer der Unterbrechung – 3 Wochen
Eine Hauptverhandlung darf bis zu drei Wochen unterbrochen werden. Eine Hauptverhandlung darf auch bis zu einem Monat unterbrochen werden, wenn sie davor jeweils an mindestens zehn Tagen stattgefunden hat.
Entbindung des Angeklagten
Der Angeklagte kann auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden, wenn nur Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebeneinander, zu erwarten ist. Eine höhere Strafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf in seiner Abwesenheit nicht verhängt werden. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zulässig.
Über die Anklage vernehmen
Wird der Angeklagte von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden, so muss er durch einen beauftragten oder ersuchten Richter über die Anklage vernommen werden. Dabei wird er über die bei Verhandlung in seiner Abwesenheit zulässigen Rechtsfolgen belehrt sowie befragt, ob er seinen Antrag auf Befreiung vom Erscheinen in der Hauptverhandlung aufrechterhalte. Statt eines Ersuchens oder einer Beauftragung nach Satz 1 kann außerhalb der Hauptverhandlung auch das Gericht die Vernehmung über die Anklage in der Weise durchführen, dass sich der Angeklagte an einem anderen Ort als das Gericht aufhält und die Vernehmung zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Angeklagte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird.
Von dem zum Zweck der Vernehmung anberaumten Termin sind die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger zu benachrichtigen; ihrer Anwesenheit bei der Vernehmung bedarf es nicht. Das Protokoll über die Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen.
Verhandlungsleitung – Vorsitzender
Die Leitung der Verhandlung, die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises erfolgt durch den Vorsitzenden. Wird eine auf die Sachleitung bezügliche Anordnung des Vorsitzenden von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzulässig beanstandet, so entscheidet das Gericht.