Durchsuchung

Welche Rechte und Pflichten haben Sie während der Durchsuchung?

Ablauf der Durchsuchung

Die Befugnisse der Strafverfolgungsbehörden sind während der Durchsuchung enorm. Daraus folgt zugleich, dass es überhaupt keinen Sinn macht, vor Ort zu versuchen, die Sicherstellung mit Erklärungsversuchen abzuwenden. Wenn die Polizeibeamten Gegenstände mitnehmen wollen, werden sie das tun. Sie werden in der Regel bei der Durchsuchung die Mitnahme des Gegenstandes nicht verhindern. In der Regel erfährt der Verteidiger vor einer Durchsuchung nicht, dass diese geplant ist.

1. Sofort Anwalt kontaktieren

Im Falle einer Durchsuchung sollten Sie Kontakt zu einem Verteidiger aufnehmen. Grundsätzlich haben die Dursuchungsbeamten nämlich kein Recht, bei einer Durchsuchung den telefonischen Kontakt mit seinem Verteidiger zu verweigern. Eine gesetzliche Grundlage für ein Telefonverbot gibt es nicht. Sie folgt insbesondere nicht aus § 164 StPO, da das Telefonieren keine Störung der Amtshandlung darstellt. Der Telefonkontakt zu einem Rechtsanwalt darf Ihnen nicht verwehrt werden. Eine generelle Telefonsperre ist unzulässig.

2. Keine Wartepflicht

Die Beamten sind aber nicht verpflichtet, mit dem Durchsuchungsbeginn bis zum Eintreffen des Rechtsanwaltes zu warten.

3. Durchsuchungsbeschluss

Der Durchsuchungsbeschluss ist vor Beginn der Durchsuchung auszuhändigen. Nur so kann die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung kontrolliert werden. Wenn kein Durchsuchungsbeschluss vorliegt, sollten Sie die Gründe und Ziele der Durchsuchung anfragen, insbesondere warum „Gefahr im Verzug“ vorliegt. Die Tatsachen, die diese Gefahr begründen, sind schriftlich festzuhalten und aktenkundig zu machen. Der Name und die telefonische Erreichbarkeit des Durchsuchungsleiters sollten erfasst werden.

4. Durchsuchung muss geduldet werden

Die Durchsuchung ist zu dulden, ihr darf kein Widerstand entgegengesetzt werden. Insoweit ist das Hausrecht eingeschränkt und das Betreten der Wohnung durch die Ermittlungspersonen legitimiert. Es besteht aber keine Pflicht zur aktiven Mitwirkung bei der Durchsuchung. Sie ist passiv zu dulden. Es kann aber auch sinnvoll sein, aktiv mitzuwirken. Es ist zu empfehlen, verschlossene Räume, Schränke, Tresore zu öffnen. Entsprechendes kann für die Preisgabe von Passwörtern für die EDV gelten, wenn durch eine Durchsicht der Daten verhindert werden kann, dass die gesamte EDV sichergestellt wird.

5. Keine Vernehmungen durchführen

Vorsicht ist bei informatorischen Vorgesprächen geboten, insbesondere bei scheinbar unverfänglichen Unterhaltungen mit den Ermittlungspersonen über die Sache. Diese Unterhaltungen sollten Sie unbedingt unterlassen. Falls eine anwesende Person (z.B. Ihre Ehefrau) bei der Durchsuchung vernommen werden soll, sollten Sie zunächst abklären, ob die Vernehmung als Beschuldigter oder Zeuge in Frage kommt. Wenn er als Beschuldigter vernommen werden soll, dann hat er ein Schweigerecht. Wenn er als Zeuge vernommen werden soll, achten Sie auf das Auskunftsverweigerungsrecht oder Zeugnisverweigerungsrecht. Der Aufenthalt in der Wohnung dient der Durchsuchung und nicht der Vernehmung von Personen. Ein solches Verweilen mit dem Zweck der Durchführung von Vernehmungen ist vom Durchsuchungsbeschluss nicht gedeckt und daher nur mit Ihrer Zustimmung statthaft. Sie sollten Ihr Einverständnis auf keinen Fall erteilen.

6. Keine Unterlagen vernichten

Sie dürfen auf keinen Fall Unterlagen beiseiteschaffen oder Daten vernichten. Ein derartiges Verhalten kann den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr, ansonsten den Verdacht der versuchten Strafvereitelung begründen.

7. Verzeichnis über sichergestellte Gegenstände

Sie haben vor Ort und Stelle einen Anspruch auf ein schriftliches Verzeichnis der sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenstände und Unterlagen (§ 107 S.2 StPO). Die Anlegung eines solchen Verzeichnisses muss ausdrücklich verlangt werden.

8. Kopie erstellen

Kopien der sichergestellten Unterlagen fertigen – Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es für die Ermittler, zunächst zu prüfen, ob es ausreicht, als mildere Maßnahme anstelle der Sicherstellung der Beweisgegenstände Kopien des Datenbestandes zu fertigen. Besteht der Durchsuchungsleiter auf die Mitnahme der Originaldaten, muss er Ihnen jedenfalls gestatten, erforderliche Kopien zu fertigen, wenn diese z.B. für die Betriebsfortführung benötigt werden.

Zweck der Durchsuchung

Die Dursuchung dient dem Auffinden von Gegenständen, die der Beschlagnahme unterliegen, sowie der Ergreifung des Beschuldigten. Durchsucht werden können nach den §§ 102, 103 Wohnungen und Räume sowie auch Personen.

Grundsätzlich Anordnung erforderlich

Die Zulässigkeit von Durchsuchungen ist in den §§ 102 ff StPO geregelt. Durchsuchungen müssen gemäß § 105 StPO durch einen Richter angeordnet werden, bei Gefahr in Verzug ist ausnahmsweise auch eine Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder deren Ermittlungspersonen zulässig. Auch Vergehen können Anlass für Durchsuchungen und Beschlagnahmen sein. Die Vorschriften sehen eine Einschränkung auf Verbrechen nicht vor.

Vermutung ausreichend

Gemäß § 102 StPO kann eine Durchsuchung zum Zweck der Ergreifung des Verdächtigen oder zur Auffindung von Beweismitteln durchgeführt werden. Dabei dürfen die Wohnung und andere Räume des Verdächtigen sowie seine Person und die ihm gehörenden Sachen durchsucht werden. Ausreichend ist hierbei die Vermutung, dass sich der zu Ergreifende oder die Gegenstände, nach denen gesucht wird, in den Räumen befinden.

§ 103 Strafprozessordnung

Durchsuchungen können nach § 103 StPO jedoch nicht nur bei dem Verdächtigten, sondern auch bei anderen Personen durchgeführt werden. § 103 StPO gestattet ausdrücklich nur die Durchsuchung von Räumen, nicht hingegen Personendurchsuchungen. Zudem müssen Tatsachen vorliegen, aus denen geschlossen werden kann, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet.

Offene Maßnahme

Bei der Durchsuchung handelt es sich um eine offene Maßnahme, d.h. sie wird für den Betroffenen erkennbar durchgeführt, sodass heimliche Maßnahmen von den §§ 102 ff. StPO nicht erfasst sind.

Dient die Durchsuchung der Auffindung von Gegenständen, die einem Beschlagnahmeverbot unterliegen, ist diese unzulässig.

Anordnung

Die Durchsuchung muss grundsätzlich vorher durch den Richter angeordnet werden. In der Regel wird dieser die Durchsuchung, nachdem sie meist von der Staatsanwaltschaft beantragt worden ist, mit richterlichem Beschluss anordnen, der schriftlich abzufassen ist. In Einfällen kann die Entscheidung auch mündlich ergehen.

Gefahr im Verzug

Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die richterliche Anordnung der Maßnahme nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Durchsuchung dadurch gefährdet wird. Grundsätzlich müssen die Ermittlungsbehörden zunächst immer versuchen, eine richterliche Anordnung zu erlangen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn schon durch diesen Versuch und die darauf zurück zu führende Verzögerung ein Beweismittelverlust eintreten könnte.

Durchsuchung rechtswidrig

Gefahr im Verzug ist nicht gegeben, wenn ausreichend Zeit zur Erlangung eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses vorhanden war. Wurde noch nicht einmal versucht, eine richterliche Anordnung zu erlangen und ist auch nicht ersichtlich, warum die Durchsuchung nicht auch nach richterlicher Anordnung hätte durchgeführt werden können, ist die Durchsuchung rechtswidrig.

Dokumentationspflicht

Zur Dokumentationspflicht hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 20.01.2001 (NJW 2001, 1121) Stellung genommen. Sie besteht vor allem bei nichtrichterlichen angeordneten Durchsuchungen. Der Durchsuchungsbeamte hat die Pflicht, zeitnah zur Durchsuchungsmaßnahme seine für die Durchsuchung bedeutsamen Überlegungen und Feststellungen in den Akten festzuhalten, um so eine ausreichende gerichtliche Nachprüfung der nichtrichterlichen Maßnahme, insbesondere des Merkmals der „Gefahr im Verzug“ sicher zu stellen.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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