Gerichtsverhandlung

Kann das Amtsgericht auch ohne einen Hauptverhandlungstermin (Gerichtstermin) über Ihren Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entscheiden?

Anwesenheitspflicht

Als Betroffener sind Sie verpflichtet, zum Hauptverhandlungstermin zu erscheinen. Es besteht grundsätzlich Anwesenheitspflicht. Dies gilt auch, wenn Sie einen Rechtsanwalt beauftragt haben und durch einen Verteidiger verteidigt werden. Wenn Sie verhindert sind und den Termin vor Gericht nicht wahrnehmen können, dann stellen Sie entweder einen Verlegungsantrag oder einen Entbindungsantrag.

Entbindungsantrag

Das Gericht ist verpflichtet, Sie auf Ihren Antrag hin von Ihrer Erscheinungspflicht zu entbinden, wenn Sie erklären, dass Sie sich in der Hauptverhandlung nicht äußern werden und Ihre Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkt des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Die Fahrereigenschaft muss hierzu eingeräumt werden. Das Gericht kann Ihren Antrag nicht nach eigenem Ermessen ablehnen, mit der Begründung der Sachverhalt müsse noch weiter aufgeklärt werden, NJW 1998, 568. Für eine negative Verfügung ist nur dann Platz, wenn wesentliche Gesichtspunkte der Aufklärung bedürfen, nicht wenn es um untergeordnete Dinge geht. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 73 Ab. 2 OWiG ist das Gericht also verpflichtet, Ihrem Entbindungsantrag zu entsprechen.

Verwerfungsurteil

Wenn das Gericht Sie von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht entbunden hat und Sie zum Termin nicht erscheinen, verwirft das Gericht den Einspruch ohne Verhandlung durch Urteil, Verwerfungsurteil. Voraussetzung hierfür ist, dass eine ordnungsgemäße Ladung vorliegt und über die Folgen des Ausbleibens belehrt wurde. Fehlt die Belehrung, ist die Verwerfung unzulässig, OLG Koblenz NZV 1994, 332; vgl. auch OLG Jena VRS 107, 377.

Nochmalige Hinweispflicht

Unzulässig ist die Verwerfung des Einspruchs auch dann, wenn das Gericht umgeladen hat und auf die Möglichkeit der Einspruchsverwerfung nicht nochmals hingewiesen wird, OLG Jena zfs 2003, 43; OLG Köln VRS 98, 445. Die in einer früheren Ladung erfolgte Belehrung genügt nicht, OLG Frankfurt DAR 1997, 209. Wenn Sie von Ihrer Erscheinungspflicht nicht entbunden wurden, dann hilft es Ihnen auch nicht, wenn Ihr Verteidiger zum Termin alleine erscheint. Dies ergibt sich indirekt aus § 73 Abs. 3 OWiG. Das gilt auch, wenn Sie in der Fortsetzungsverhandlung fehlen. Es geht hier schließlich darum, dass Sie „persönlich“ erscheinen müssen.

Schriftliche Beschlussverfahren

Das schriftliche Beschlussverfahren dient der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens. Das Gericht kann schriftlich durch Beschluss ohne Hauptverhandlung entscheiden, wenn es eine solche für nicht erforderlich hält. Gegen die Möglichkeit des schriftlichen Beschlussverfahrens können Sie Widerspruch einlegen. Der Widerspruch bedarf keiner besonderen Form, Sie können ihn mündlich, schriftlich, telefonmisch, telegrafisch, per Fernschreiben oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle erklären.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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