Anforderungen

Wann liegt ein Abstandsverstoß vor?

OLG Hamm Beschluss vom 22.12.2014

Aus dem Wortlaut der §§ 4 Abs. 1 StVO, 49 Abs. 1 Nr. 4 StVO ergibt sich der Tatbestand der vorwerfbaren Abstandsunterschreitung immer dann, wenn Sie vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4 Abs. 1 StVO den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug nicht so bemessen, dass Sie auch dann hinter diesem anhalten können, wenn das vorausfahrende Fahrzeug plötzlich abbremst.

Nicht nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung

Eine nur ganz vorübergehende Abstandsunterschreitung kann z.B. vorliegen, wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abbremst, oder ein unerwarteter Spurwechsel eines Drittfahrzeuges erfolgt.

OLG Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinen Beschlüssen vom 30.08.2012 (NZV 2013, 203) und vom 09.07.2013 (NStZ-RR 2013, 318) betont, dass es auf das Vorliegen einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung nur dann ankomme, wenn Verkehrssituationen in Frage stünden, wie etwa das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder der abstandsverkürzende Spurwechsel eines dritten Fahrzeugs, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dem Nachfahrenden allein deshalb eine schuldhafte Pflichtverletzung angelastet werden könne (OLG Hamm, NStZ-RR 2013, 318 m.w.N.; so auch OLG Rostock, Beschluss v. 18.08.2014 – 21 Ss OWi 144/14 ([…])).

Mindestfahrstrecke

Bei höheren Geschwindigkeiten wird die nicht vorübergehende Unterschreitung des Sicherheitsabstandes in der Regel dann angenommen, wenn dies auf einer Fahrstrecke von 250 – 300 Metern erfolgt ist, OLG Köln DAR 83, 364; OLG Düsseldorf NZV 93, 242). Weiter wird teils gefordert, dass die Unterschreitung länger als 3 Sekunden andauern muss.

Länge der Beobachtungsstrecke

Entscheidend ist für einen Abstandsverstoß nicht nur die Messstrecke und die Dauer der Messung, sondern dass auch die Länge der Beobachtungsstrecke bis zum Beginn der Messstrecke mit einbezogen wird.

Einmaliger und kurzfristiger Verstoß ausreichend

Das OLG Hamm (zfs 2015, 712) hat entscheiden, dass 140 – 200 Meter, bzw. 3 Sekunden nicht den Gesetzestext wiedergeben, sondern eine einmalige, auch kurzfristige Abstandsunterschreitung tatbestandsmäßig ist, OLG Hamm Beschluss vom 22.12.2014 – 3 RBs 264/14.

Keine zeitliche Abstandsunterschreitung

Wird vom Gericht ein Abbremsen oder Einscheren ausgeschlossen, wird keine besondere zeitliche Länge der Abstandsunterschreitung mehr verlangt. Auch ein unter 100 m andauernder Abstandsverstoß kann so für die Feststellung der Vorwerfbarkeit genügen (OLG Hamm, Beschl.v. 22.12.14 -2 RBs 264/14- = BeckRS 2015, 02211).

Konkrete Gefahr

Außerdem muss der zu geringe Abstand den Vordermann konkret gefährdet haben. Das ist jeweils Tatfrage und erfordert die Berücksichtigung aller Umstände.

Rechtsanwalt Ferdi Özbay
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